An meine werten Kollegae,
wer in den letzten Tagen die arkane Residualstrahlung observiert hat, wird einige frappante Phänomena diagnostiziert haben. Repetitive Analysen mittels synchronisierter Astraferrometer führten stets zum gleichen Resultat: Der Befund ist evident, ein signifikanter Anstieg der arkanen Radialdichte um ganze drei und ein Viertel Standard-Einheiten auf der Fiburelli-Skala! Für den geneigten Experten bedürfen meine Elaborationen an dieser Stelle bereits keiner weiteren Explicationen mehr, doch um die Gravizität dieser Kunde zu unterstreichen, möchte ich die daraus resultierende Konkludenz explizitieren:
Aufgrund bislang unbekannter Kausalität muss eine astrale Obstruktion aufgebrochen worden sein, weshalb es nun deren Quelle vor unsachgemäßer Interaktion zu bewahren gilt. Mittels synchroner Triangulation konnten wir das Epizentrum des Kuriosums erfolgreich lokalisieren. Wir benötigen nun profunde Koriphäen sämtlicher Disziplinen, inklusiv jedoch nicht exklusiv Historiker, Sprachforscher, Geographen und Kollegae Arcanae im analytischen Bereich sowie adäquates Eskortpersonal, fähig und willens, instantan und mit größtmöglicher Vitesse abzurücken. Wertvolle wissenschaftliche Erfahrung sowie die Option auf Akkumulation persönlicher Reputation bei erfolgreichem Abschluss ist zu expectieren.
Der hochgelehrte Magister Ordinarius Dekan Vittario Aqilibus te Grandelozza wird dieses Unterfangen dirigieren. Wir kalkulieren bezüglich dieses exzeptionellen Kasus mit der unitären Subventionierung durch sämtliche Kollegae unserer hochgeschätzten Akademien, auf dass wir einer Welt der Obskurität und Ignoranz die Erleuchtung bringen mögen.
Honorie Ihrer Magnifizissima der Suprematin Magistra Maxima la Grandessa Astellaria Aurelia dela Montarie XII.
Gezeichnet: Spektabilität Morelli di Sforzina
… aus diesem Grund möchte ich hier noch einmal auf die Kultur der primitiven Völker zu sprechen kommen, welche im Volksmund gerne auch Barbaren oder Wildlinge bezeichnet werden.
Mit einer Melange aus Abscheu und Perplexis, gemischt mit einem Hauch Faszination, ist zu beobachten, dass jene rückständigen Geister mit einer unvernünftigen Starrköpfigkeit an längst
überkommenen Gebräuchen und Vorstellungen aus tiefster Vorzeit festhalten. Durch die selbst auferlegten Fesseln des Primitiven ist es ihnen nicht möglich, selbst in der Zeitspanne einer ganzen
Generation, nennenswerte Fortschritte der Wissenschaft in ihr tägliches Leben zu integrieren. Der überwiegende Teil der Bevölkerung haust in kargen Behausungen und fristet sein Dasein im Schmutz,
der unverblühmt als Kategorisierungsmerkmal für die Zivilisationsstufe dieser sogenannten Menschen herhalten mag. Eine Fülle von obskuren, bizarr anmutenden Riten und Bräuchen, Ahnenkulte und ein
erstaunlich infantiler Glaube an übernatürliche Personifikationen ist ein weiteres Indiz dafür, dass man ihnen die geistige Leistungsfähigkeit kollektiv absprechen muss.
Nun bilden diese Völker zwar ein ganz und gar inhomogenes Gemisch aus den unterschiedlichsten Gesellschaftsformen; im Kern aber eint sie alle die Primitivität des Geistes und das stupide
Verharren im Tradierten anstelle des vorwärts gewandten Blickes auf die Zukunft und den Fortschritt.
An dieser Stelle möchte ich den Blick schlaglichtartig auf eine ausgewählte Subgruppe werfen, die wir heranziehen wollen, um die kulturellen Gemeinsamkeiten, aber vor allem die Unterschiede
herauszuarbeiten. Erst dann erkennen wir, weshalb die Erforschung primitiver Kulturen für unsere eigene Identität so wichtig ist und welcher Wert diese Disziplin für uns bereit hält.
Diejenigen unter den Barbarenvölkern, denen die recht zweifelhafte Ehre zuzusprechen ist, dass sie unangefochten, und zwar mit weitem Abstand zu allen übrigen, den führenden Rang in den
Kategorien Hybris und Selbstüberschätzung für die eigene sogenannte „Kultur“ einnehmen, haben in einem beispiellosen Akt der Unmündigkeit ihre Autonomie freiwillig aufgegeben, nur um
sie einem willkürlich herausgegriffenen Tyrannen und seiner Sippschaft dynastisch zu übertragen. Bereits hier können wir eine bemerkenswerte Anomalie zu vergleichbaren Kulturen ausmachen: Während
bei den meisten archaischen Stämmen der Herrschaftsanspruch lediglich auf die eigene Population und ein damit assoziiertes Territorium beschränkt ist, wird in diesem Fall ein vermeintlich
historisch begründeter Anspruch auf umliegende Ländereien erfunden, um im Rahmen einer kollektiven Kognitionsfehlleistung eine nicht-existierende Einheit durch eine gemeinsame Expansionspolitik
künstlich herbei zu führen und diese auch noch als heilbringend zu deklarieren. Die Rede ist hier natürlich von dem allerorts belächelten und gleichsam verspotteten sogenannten „Kaiserreich von
Beelen“. Und gleich dem Medicus, der sich hin und wieder auch der Analyse von Diarrhoe zuwenden muss, will er die Funktionen des Corpus vollauf verstehen, werden auch wir uns nun folgenden
Punkten im Detail widmen…
Aus einer Grundlagenvorlesung zur Erforschung primitiver Völker, inoffiziell Ausländerkunde genannt, für 12-jährige Malda’i,
gehalten von Magister Melchius Cerebralior Circumvenitor,
aufgezeichnet und aus dem Malda´ischen übersetzt von Hubertus Hyronimus Hippopotamus, Gaststudiosus an der Akademie der geistigen Grundlagen zu Buxthudonopel